Jeden Morgen wache ich auf, höre das Rauschen des Meeres, schmecke das Salz der kühlen Meeresprise in der Luft und registriere: Ja, ich lebe aktuell im Paradies. Ein Leben am Strand. In einfachsten Bedingungen. Mehr benötige ich nicht, um glücklich zu sein. Dennoch hängt eine dunkle Wolke über dieser wundervollen Welt. Denn täglich sehe ich den negativen Einfluss der Menschen auf unsere Umwelt. Ich bin hier, mitten im Naturschutzgebiet, als Teilnehmer an einem Meeresschutzprojekt. Wir sind hier, um zu helfen. Um etwas zu bewegen und die Welt ein klein wenig besser zu machen. Was wir genau hier vor Ort im Camp machen, dass erfährst du in meinem heutigen Bericht.
Das Meeresschutzprojekt
Das Projekt, an dem ich teilnehme, ist ein von GVI organisiertes Freiwilligenprojekt. GVI ist eine der weltweit größten Organisationen für Freiwilligenarbeit. Die Organisation bietet eine Vielzahl verschiedenster Projekte an, nicht nur im Bereich Meeresschutz. Ich hatte mich für eines entschieden mit dem Titel „Marine Conservation and PADI Divemaster Internship“. Mit dem Schwerpunkt auf Meeresschutz erweitere ich somit nebenher gleich noch meine Tauchausbildung bis zum Divemaster. Ja, ich musste eine Menge Geld dafür bezahlen. Hätte ich nur meine Divemasterausbildung machen wollen, hätte ich das mit Sicherheit irgendwo günstiger machen können. Doch ich möchte etwas bewegen und einiges an Wissen im Bereich Meeresschutz ansammeln. Somit ist es mir das Geld alle mal wert.
Wo wir leben
Mitten im Sian Ka‘an Reservat, südlich von Tulum auf der Yucatan-Halbinsel haben wir unsere Basis. Dort verbringen wir abgeschieden von beinahe jeglicher Zivilisation unter einfachsten Bedingungen unsere Tage im Meeresschutzprojekt. Kein fließend Wasser, nur begrenzter Solarstrom, dafür eng verbunden mit der Natur – ein Leben, was in unserer heutigen Gesellschaft kaum noch vorstellbar ist. Doch ehrlich gesagt, sind eben diese Bedingungen hier Gold wert. Sie zeigen mir um so deutlicher, was viele Menschen vergessen zu haben scheinen: Man kann auch mit wenig glücklich sein. Es kommt auf ganz andere Aspekte an, als das neueste Handy oder das protzigste Auto zu haben. Unser Zusammenleben hier vor Ort und die Aktionen, die wir zu Gunsten unseres blauen Planetens durchführen, sind tausendmal mehr wert. Doch was machen wir hier im Meeresschutzprojekt eigentlich? Das verrate ich dir jetzt.
Der alltägliche Campwahnsinn
Der Wecker klingelt 5:45. Aufstehen, Anziehen und dann geht es für mich eine halbe Stunde ins „Gym“. Unser „Fitnesstudio“ besteht aus einer Klimmzugstange und einem selbstgebauten Barren – nicht viel also, aber dennoch genug, um täglich ein paar Übungen zu machen. Yoga, Bodyweight-Einheiten, Sprints oder Meditation stehen bei mir früh auf dem Programm bevor der Tag richtig startet. Ab 6:30 Uhr rufen die Camppflichten. Je nach Tag bestehen diese aus Aufenthaltsbereichsreinigung, Gelände rächen, Boote beladen oder für alle kochen. Eine halbe Stunde packt jeder mit an. Danach wird sich beim Frühstück gestärkt. Anschließend werden mit vereinter Muskelkraft die Boote in Position gebracht, bevor die erste Welle startet. Insgesamt gibt es täglich bis zu 4 Tauchwellen. Zwei davon werden vor dem Mittag von 8-12 Uhr durchgeführt. Die anderen beiden finden nach dem Mittag von 13-17 Uhr statt. In jeder Welle gehen zwei Boote raus. Diese sind beladen mit jeweils meist 6 Tauchern + Captain. Wir als Freiwillige haben 1-2 Tauchgänge am Tag und sind somit 2 Wellen auf der Basis. In dieser Zeit arbeiten wir an Projekten, lernen für unsere Ausbildungen oder wissenschaftlichen Tauchgänge, sitzen am Funk für die Boote, kochen für die Basis oder befüllen die Tanks am Kompressor. Es gibt also immer mehr als genug zu tun. Manchmal ist es sogar soviel, dass gutes Zeitmanagement von Nöten ist. Sobald alle Tauchwellen absolviert sind, befördern wir gemeinsam die Boote wieder zurück an den Strand. Mit etwas Glück bleibt dann noch ein wenig Zeit für eine Laufeinheit, bevor auch schon das Abendbrot ansteht. Anschließend wird das Programm des nächsten Tages besprochen, gelernt, gearbeitet oder zusammen entspannt. Bis hierhin mag das ähnlich wie ein normaler Tag zu Hause klingen und du fragst dich vielleicht, wo jetzt genau der Meeresschutz stattfindet. Hab ich dich ertappt? Dann möchte ich dir diese Frage nun beantworten: die Tauchgänge des Meeresschutzprojektes sind entscheidend.
Tauchen für den Schutz des Meeres
Da unser Programm dem Meeresschutz gewidmet ist, sind unsere Tauchgänge hauptsächlich wissenschaftlicher Natur. Das Ziel ist es, die Freiwilligen hier vor Ort so weit auszubilden, dass sie Daten sammeln können. Diese Daten geben Auskunft über die Gesundheit des Riffs. Sie werden an Partner übermittelt und können Entscheidungsträger dabei unterstützen, Maßnahmen zum Schutz der Riffe zu ergreifen. Um verlässliche Daten sammeln zu können, ist eine mehrwöchige Ausbildung notwendig. Neben verschiedensten Theorieeinheiten müssen ebenso Ausbildungstauchgänge absolviert werden. Insgesamt besteht der Prozess aus bis zu 7 Stufen, inklusive jeglicher Prüfungen unter sowie über Wasser. Erst wenn die je nach Ausbildung entsprechende Anzahl an Stufen bestanden wurden, ist man offiziell für die Datensammlung zugelassen. Erst dann darf man mit auf spezielle Tauchgänge zur Datensammlung.
Coral Watch
Neben dieser umfangreichen Ausbildung gibt es noch verschiedene andere Arten von Tauchgängen, die wir im Meeresschutzprojekt durchführen. Zum einen sind dies sogenannte Coral Watch Tauchgänge. Coral Watch ist eine weltweite Datensammlung über Korallenbleiche, die von australischen Wissenschaftlern ins Leben gerufen wurde. Mit Hilfe der Daten soll die Gesundheit der Riffe weltweit beobachtet, analysiert und vergliechen werden. Über die Jahre hinweg, hat sich das Meeresschutzprojekt hier zum 3. größten Datensammler weltweit für Coral Watch entwickelt. Bewaffnet mit einer Farbtaffel und vorher gelernten Wissen, identifizieren wir die Korallen. Somit können wir Aussagen über den Fortschritt der Korallenbleiche treffen. Diese Daten übermitteln wir anschließend.
Dive against Debris
Neben den Tauchgängen zur Datengewinnung, sammeln wir während spezieller Tauchgänge ebenso Müll. Diese werden „Dive Against Debris“ genannt. Sie sind von unserem Partner Projekt AWARE ins Leben gerufen worden. Bei diesen Tauchgängen widmen wir die komplette Tauchzeit dem Ziel so viel Müll wie möglich von den Riffen aufzusammeln. Vor allem Plastiktüten und Schnüre, die sich bereits an Korallen verfangen haben, finden wir dabei immer wieder vor. Es ist ein trauriger Anblick zu realisieren, dass eine Koralle bereits zur Hälfte wegen das an ihr verfangenen Mülls gestorben ist.
Die Jagd nach dem Feuerfisch
Ein weiterer Aspekt unserer Tauchgänge ist die Tötung von Feuerfischen. Du kennst ihn sicherlich aus Aquarien: braun-weiß gestreift schwimmt er daher, als hätte er Federn. Ein wundervoller Fisch, wenn du mich fragst. Er kann aber auch sehr viel Schaden anrichten. Nach dem Hurricane Andrew sind 6 dieser Exemplare 1992 aus zerstörten Aquarien in Florida ins Meer gelangt. Seitdem haben sich invasiv ausgebreitet. Da sie in diesen Breiten eigentlich nicht vorkommen, haben sie keine natürlichen Feinde. Deswegen konnten sie sich in rasendem Tempo vermehren und das ursprüngliche Gleichgewicht im Riff zerstören. Sie fressen viele Jungfische und dezimieren deren Bestand stark. Ehrlich gesagt, fiel es mir anfangs sehr schwer, diese Tiere jagen zu müssen. Ich brauchte Wochen bis ich meinen ersten Versuch wagte. Doch ebenso wie der Förster im Wald einige Tiere töten muss, um das Gleichgewicht zu erhalten, müssen wir hier vor Ort das selbe tun, nur eben im Wasser.
Meeresschutz an Land
Meeresschutz beginnt nicht erst im Wasser, sondern beginnt schon bei unseren täglichen Entscheidungen wie Plastikkonsum oder Mülltrennung. Aus diesem Grund versuchen wir die Achtsamkeit der Freiwilligen im Camp zu erhöhen. Neben Präsentationen, Lektionen und Gesprächen, starten wir ebenso Fundraisingaktionen und führen einmal die Woche Strandsäuberungen durch. Bewaffnet mit Müllbeuteln machen wir uns dann auf den Weg zum Strand. Dort sammeln wir allen Müll auf einem 100-200m Abschnitt ein, der uns zwischen die Finger kommt. Besonders verschiedenste Größen an Plastikteilen finden wir dabei immer in großen Mengen. Aber auch Spielzeug, Kosmetik oder sogar Autoteile fanden schon den Weg in unsere Hände. Insgesamt haben wir in den ersten 8 Wochen meines Aufenthaltes hier fast 500kg Müll gesammelt. Und täglich werden neue Mengen an Müll angespült. Es ist erschreckend.
Was wir gegen den Müll tun können
Ich weiß, dass der Müll nicht von dir oder von mir stammt. Dennoch sollten wir alle versuchen die Menge an verursachten Müll einzuschränken. Aus diesem Grund möchte ich dir gern meine Artikel 10 einfach Tipps zum Vermeiden von Plastikmüll und 10 Tipps zum Vermeiden von Verpackungsmüll mit an die Hand geben. Lass uns gemeinsam etwas bewegen. Auch deine täglichen Entscheidungen zählen.
Make a difference together!
Was hast du heute bereits für den Umweltschutz getan? Oder schützt du diese bereits täglich? Lass es mich wissen.